Kunstfreiheit/Pastiche
Prozess Landgericht/Oberlandesgericht Hamburg
Update 16.04.2024:
Die Hamburger Rechtsanwaltskanzlei „Gutsch und Schlegel“ hat einen Tag vor der Berufungssverhandlung beim Oberlandesgericht Hamburg ihren Antrag zurückgezogen. Die heutige Verhandlung wurde durch den/die zuständigen RichterIn abgesagt und die Revision ist somit erfolgreich für Kronkorkenkunst verlaufen. Lemmy wäre stolz !!!
Update 02.03.2024:
Die Verhandlung beim Oberlandesgericht Hamburg findet am 16.04.2024 um 10 Uhr im Sitzungssaal 210, 1. Stock, Sievekingplatz 2 statt. Die Verhandlung ist öffentlich. Weiterhin geht es um die Klärung, nun bei OLG, ob das Lemmy Kilmister Bild aus 2015 ein eigenständiges "Kunstwerk" nach § 51a UrhG (Karikatur, Parodie und Pastiche) ist, postmortale Persönlichkeitsrechte nicht verletzt und somit auch von mir vermarktet werden darf.
Den kompletten Gerichtsverlauf seit 08.2023 finden Sie am Ende der Seite.
Ergebnis:
In der ersten Instanz beim Landgericht Hamburg ging es in der mündlichen Verhandlung am 13.10.2023 um die Frage, ob das Kronkorkenbild, das den Sänger Lemmy Kilmister in künstlerischer Form darstellt "Kunst" ist, dem zu Folge als "Pastiche" ein zu ordnen wäre und somit auch kein Merchingdise Produkt darstellt. Die Rechtsanwaltskanzlei "Gutsch und Schlegel" bestreitet, dass es sich bei dem Lemmy KIlmister Kronkorkenkunstwerk um "Kunst" handelt und das Landgericht Hamburg ist bei seiner Haltung geblieben und hat die Unterlassungserklärungfür weiterhin beständig erklärt. Vermutlich, da es sich um ein richtungsweisendes Urteil handeln würde, konnte/wollte das LG Hamburg hier keine Entscheidung im Sinne des $51a UrhG treffen. Es geht also jetzt zur weiteren Klärung und ggf. Urteilsfindung an das Oberlandesgericht Hamburg
Hintergrung:
Mit Datum vom 16.08.2023 erhielt Kronkorkenkunst von der Anwaltskanzlei Gutsch und Schlegel (Hamburg), in Vertretung für die Global Merchandising Services Ltd. (London) eine zu unterzeichnende Unterlassungserklärung. Im Sachverhalt geht es um den Vorwurf, ohne entsprechende Lizenzierung durch den Bandmanager der Band Motorhead "Todd Sindermann" Merchandising Produkte mit dem Namen "Lemmy Kilmister" und des Bildnisses des Lemmy Merchandising Produkte zu verkaufen. Das von Kronkorknkunst 2018 erstellte Kunstwerk des Lemmy KIlmister, den 2015 verstorbenen Sänger der Band Motorhead, wurde als Leinwanddruck in der Größe 20cm x 20cm 2 mal bei Etsy zum Verkauf angeboten - gerade mal mal 2 Wochen online und bis zum Erhalt der Unterlassungserklärung noch nicht mal verkauft.. Gefordert werden die Unterlassung, Auskunft und Vernichtung, sowie Schadens- und Aufwendungsersatz der RA Gutsch und Schlegel (Hamburg) an Kronkorkenkunst Köln.
Im Einzelnen geht es um das folgend - bereits 2018 vorgestellte Bild während einer Ausstellung der Kunstnacht in Leverkusen - erstellte Kunstwerk des Lemmy KIlmister durch Kronkorkenkunst
Leverkusener Anzeiger / 08.10.2018
Laut Gutsch und Schlegel vertreten diese den weltweit größten Auswerter von Merchandising Rechten der Musik und Unterhaltungsbranche. Unter anderem obliegt der Global Merchandising Services Ltd die Vermögenswerten Rechte an dem Namen und dem Bildnis des weltbekannten und verstorbenen Sängers Ian Frasier Kilmister, ehemals Fontmann der Gruppe Motorhead. Es wurden neben Unterlassung, Auskunft und Vernichtung, sowie die Geltungmachung von Schadens- und Aufwendungsersatz gefordert. Mir als Künstler wird vorgeworfen, ohne entsprechende Lizenz Merchangdising Artickel zu verkaufen.
Ich habe mich entschieden, dieser Unterlassungserklärung nicht zu zustimmen und die Forderungen abzuweisen, da ich nach meiner rechtlichen Auffassung im Sinne des § 51a UrhG rechtssicher künstlerisch tätig bin und hier die volle Kunstfreiheit genieße. Mit Datum vom 25.08.2023 wurde der vermeintliche Anspruch beim Landgericht Hamburg durch die Rechtsanwälte Gutsch und Schlegel in Form einer einstweiligen Verfügung geltend gemacht.
Das Landgericht Hamburg entschied, gänzlich ohne mündliche Anhörung, rein nach Aktenlage mit Beschluss vom 14.09.2023 (AZ: 324 O 357/23), dass meine Werke lediglich kommerzielle Ziele verfolgen Die Kammer erläutert u. a in ihrer Urteilsbegründung, dass die Kammer nicht näher prüfen müsste, ob meine Werke als Kunst ein zu ordnen sind. Kann das sein?? Ich als Künstler und als Pasticheur berufe mich hierbei jedoch auf die Urheberrechtsreform von 2021: hierbei wurde der neue § 51a UrhG geschaffen, der diesen Begriff des Pastiche benutzt. Der neue Paragraf 51a umfasst nicht nur Pastiche, sondern auch Karikaturen und Parodien. Hier steht: „Zulässig ist die Vervielfältigung, die Verbreitung und die öffentliche Wiedergabe eines veröffentlichten Werkes zum Zweck der Karikatur, der Parodie und des Pastiches.“ (https://irights.info/artikel/wie-der-pastiche-ins-urheberrecht-kam-und-was-er-fuer-das-kreative-schaffen-bedeutet/31105).
Es geht also in die nächste Runde: Mit Datum vom 29.09.2023 wurde beim Landgericht Hamburg Wiederspruch gegen den Beschluss eingereicht.
Zur Klärung, ob ein Kunstwerk ein Pastiche darstellt und nach § 51a UrhG einzuordnen ist, sind vor allem also die Kriterien des inneren Abstands und der künstlerischen Auseinandersetzung zur Beurteilung ausschlaggebend. Der innere Anstand kann demzufolge in Form einer Hommage bzw. wertschätzenden Beschäftigung mit dem vorbestehenden Werk gegeben sein, wie im Fall des Lemmy Kilmister Bildes durch mein Kunstwerk. Das Kunstwerk ergibt in der künstlerischen Auseinandersetzung einen anderen Sinngehalt und hat einen erkennbar anderen Ausdrucksgehalt als das vorbestehende Werk.
Nach der Gesetzesbegründung lehnt sich ein Pastiche an vorbestehende Werke an. Hierin heißt es: „Den gesetzlich erlaubten anlehnenden Nutzungen nach § 51a UrhG-E ist gemein, dass sie an ein oder mehrere vorbestehende Werke erinnern. [...] Allerdings ist der Stil als solcher urheberrechtlich nicht geschützt. Insofern bedarf es keiner Schranke des Urheberrechts. Deshalb erlaubt der Pastiche im Kontext des Artikels 5 Absatz 3 Buchstabe k InfoSoc-RL über die Imitation des Stils hinaus grundsätzlich auch die urheberrechtlich relevante Übernahme fremder Werke oder Werkteile.“ (BT-Drs. 19/27426, S. 90 und 91.) Pastiche könnte man demnach definieren als „ausnahmsweise erlaubte Nutzung fremder Rechte ohne Lizenzierung, bei Wahrung eines inneren Abstands zu dem vorbestehenden Werk und in Form einer künstlerischen Auseinandersetzung mit dem vorbestehenden Werk“. (https://irights.info/artikel/wie-der-pastiche-ins-urheberrecht-kam-und-was-er-fuer-das-kreative-schaffen-bedeutet/31105).
„Entscheidend für den Pastiche ist, dass man sich als Nutzer*in mit Vorlagen kreativ auseinandersetzt: „Der Pastiche muss“, so der Entwurf, „eine Auseinandersetzung mit dem vorbestehenden Werk oder einem sonstigen Bezugsgegenstand erkennen lassen. “Wann ist eine solche „Auseinandersetzung“ gegeben? Genau definiert ist dieser Punkt nicht, aber aus der Kunst- und Musikgeschichte von Pastiche und Pasticcio lässt sich ableiten, dass eine Anerkennung, Wertschätzung oder sogar Verehrung des verwendeten Werks erkennbar sein sollte.Das wiederum bedeutet: Es muss offensichtlich sein, dass der Pastiche auf ein anderes Werk oder eine Person Bezug nimmt, also eine Vorlage hat. Es sollte nicht der Eindruck entstehen, dass man selbst der Urheber oder die Urheberin des Originals ist. Pastiche und Originalvorlage sollten nicht miteinander zu verwechseln sein.“ (https://irights.info/artikel/wie-der-pastiche-ins-urheberrecht-kam-und-was-er-fuer-das-kreative-schaffen-bedeutet/31105).
Ein ausführliches Gutachten zu: DER PASTICHE IM URHEBERRECHT - GUTACHTEN ÜBER EINE URHEBERRECHTSSPEZIFISCHE DEFINITION DES PASTICHE-BEGRIFFS NACH §51A UrhG - Dr. jur Till Kreutzer 5. September 2022 wurde durch freiheutsrechte.org erstellt und kann unter (Gutachten bei freiheitsrechte.org) zur freien Nutzung herunter eingesehen werden.
Bitte unterstützen Sie Kronkorkenkunst bei dieser für die Kunstwelt und alle Kunstschaffenden wichtigen gerichtlichen Klärung des Urheberrechts im künstlerischen Schaffen und zur Erreichung eines richtungsweisenden Urteils, das allen Künstler eine Rechtssicherheit bieten kann.
Gerichtsverlauf (wird laufend aktualisiert)
15.04.2024: Die Hamburger Rechtsanwaltskanzlei „Gutsch und Schlegel“ hat einen Tag vor der Berufungssverhandlung beim Oberlandesgericht Hamburg ihren Antrag zurückgezogen. Die heutige Verhandlung wurde durch den/die zuständigen RichterIn abgesagt und die Berufung ist somit erfolgreich für Kronkorkenkunst verlaufen. Lemmy wäre stolz !!!
02.03.2024: Die Verhandlung beim Oberlandesgericht Hamburg findet am 16.04.2024 um 10 Uhr im Sitzungssaal 210, 1. Stock, Sievekingplatz 2 statt.
14.09.2023: Berufung beim Oberlandesgericht Hamburg (AZ: 324 O 357/23) gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 27.10.2023
13.10.2023: Termin mündliche Verhandlung am LG Hamburg (AZ: 324 O 357/23); Einstweilige Verfügung und Unterlassungserklärung weiterhin mit Bestand ohne Urteilsverkündung. Weitere Klärung erfolgt beim Obrlandesgericht.
13.10.2023: Der zusammen mit der Widerspruchseinlegung gestellte Antrag die Vollstreckung aus der Verfügung ein zu stellen, wurde mit Beschluss vom 09.10.2023 durch das LG Hamburg zurückgewiesen (AZ: 324 O 357/23). Termin zur mündlichen Verhandlung wurde für den 27.10.2023 um 13 Uhr beim Landgericht Hamburg, Sitzungssaal B 335 angesetzt.
29.09.2023: Wiederspruch beim Landgericht Hamburg gegen de Beschluss vom 14.09.2023 (AZ: 324 O 357/23)
14.09.2023: Beschluss Landgericht Hamburg (AZ: 324 O 357/23) gegen Kronkorkenkunst
08.09.2023: Fristgerechte Stellungnahme durch RA KBM Legal (Köln) an das Landgericht Hamburg zum Schreiben vom 05.09.2023 durch RA Gutsch und Schlegel (Hamburg) binnen 3 Arbeitstagen
05.09.2023: Stellungnahme durch RA Gutsch und Schlegel (Hamburg) an das Landgericht Hamburg zum Schreiben vom 31.08.2023 durch KBM Legal (Köln) binnen 3 Arbeitstagen
31.08.2023: Fristgerechte Stellungnahme durch RA KBM Legal (Köln) in Vertretung für Kronkorkenkunst an das Landgericht Hamburg zum Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung
28.08.2023: Kronkorkenkunst erhält durch das Landgericht Hamburg in dem einstweiligen Verfügungsverfahren Global Merchandising Service Ltd ./. Leuschner den Antrag auf Erlass einer Einstweiligen Verfügung vom 25.08.2023 des Antragsgegnervertretes mit der Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 3 Arbeitstagen
25.08.2023: Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung durch RA Gutsch und Schlegel (Hamburg) an das Landgericht Hamburg
22.08.2023: Fristgerechtes Anwortschreiben an Gutsch und Schlegel (Hamburg) durch KBM Legal (Köln -Prozessbevollmächtigter Kronkorkenkunst) mit Verweis auf fehlende Aktivlegitimation, fehlender Rechtsverletzung, sowie fehlendem Schadensrsatz Anspruch
16.08.2023: Eingang Unterlassung, Auskunft und Vernichtung, sowie Schadens- und Aufwendungsersatz der RA Gutsch und Schlegel (Hamburg) an Kronkorkenkunst Köln